Vor gut 25 Jahren wurde in Deutschland die erste Benutzungsverordnung für persönliche Schutzausrüstungen (PSA-BV) verabschiedet. Sie definiert Anforderungen an die PSA und gibt für Beschäftigte wie Arbeitgeber Spielregeln zur Nutzung, Unterweisung sowie wiederkehrenden Prüfungen vor. Doch so einfach die Theorie auch klingt, in der Praxis müssen Verantwortliche viele Fallstricke beachten. Wir nennen die 7 häufigsten Fehler, die bei Beschaffung und Verwendung von PSA passieren.
Eines vorab: Diese beiden Gefahren lauern immer
Die Benutzung von PSA ist noch kein Garant für Sicherheit. Schließlich spielen beim Thema PSA zwei Gefahrenquellen in allen Branchen und Jobs eine Rolle.
- Der falsche Einkauf: Die PSA ist im jeweiligen Gefahrenkontext ungeeignet.
- Der falsche Einsatz: Die PSA ist geeignet, doch die Mitarbeitenden verwenden sie nicht richtig.
Beide Situationen hängen mit den meisten der nachfolgend skizzierten Fehler zusammen. PSA-Verantwortlichen kommt daher gemäß Arbeitsschutzgesetz (§ 3, ArbSchG) die Aufgabe zu, ihre Teams bedarfsgerecht auszustatten und zugleich für die korrekte Anwendung der PSA zu sorgen. Damit das gelingt, sollten Sie die folgenden Punkte im Blick behalten.
Fehler 1: Komfort geht über Sicherheit
Gar keine Frage: Im Optimalfall bietet eine PSA Mitarbeitenden den größtmöglichen Schutz bei höchstmöglichem Tragekomfort. Dabei sollten Sie als PSA-Verantwortlicher oder -Verantwortliche jedoch klar priorisieren. Vorrangiges Ziel einer PSA ist und bleibt der Schutz gegen eine Gefährdung für Sicherheit und Gesundheit. So dürfen in Ländern der Europäischen Union lediglich PSA-Produkte in Umlauf gebracht werden, die den Sicherheitsstandards der neuen PSA-Verordnung 2016/425 der EU entsprechen. Sie ist bereits seit April 2018 verbindlich.
Nichtsdestotrotz sind sich Sicherheitsexperten und -expertinnen einig, dass ein hoher Tragekomfort in den meisten Fällen zu einer erhöhten Tragebereitschaft von PSA führt. Darüber hinaus bieten inzwischen viele PSA-Produkte am Markt – neben ihrer primären Schutzfunktion – Mehrwerte. Beispiele sind Schutzhelme mit Radioempfang oder Gehörschutzkapseln mit Telefonie-Funktion.
Interessant … Bereits Ende der 1990er-Jahre zeichneten sich laut einer strategischen Branchenstudie der internationalen Unternehmensberatung Frost & Sullivan in Europa zwei bis heute anhaltende PSA-Trends ab. So lag der damalige Haupttrend in einer stärkeren Kombinierbarkeit von Einzelteilen, ein zweiter Trend in höherem Tragekomfort sowie modischerem Flair der Schutzkleidung.
Fehler 2: mangelhafte Pflege oder Reinigung der PSA
Maßgeblich für die Pflege und Instandhaltung der PSA sind die Vorgaben des jeweiligen Herstellers. Die PSA-BV legt hierzu Pflichten für Arbeitgeber und Beschäftigte fest. So werden Arbeitgeber etwa in § 2(4) dazu verpflichtet, „die
- Wartungs-, Reparatur- und Ersatzmaßnahmen sowie
- ordnungsgemäße Lagerung
sicherzustellen, sodass die PSA während ihrer gesamten Benutzungsdauer gut funktioniert und sich in einem hygienisch einwandfreien Zustand befindet.“
Generell sollte PSA zur Reinigung nicht mit nach Hause genommen werden. Schließlich sind übliche Haushaltswaschmaschinen leistungstechnisch nicht für Industrie-, Baustellen- oder Laborschmutz vorgesehen. Bei mikrobiell verunreinigter Arbeitskleidung oder PSA ist die private Reinigung sogar ausdrücklich untersagt. Im schlimmsten Fall können nämlich krankheitserregende Biostoffe in die private Umgebung übertragen werden.
Zugleich kann die falsche Wahl von Waschprogramm, Waschtemperatur, Waschmittel oder Weichspüler zulasten der Schutzwirkung von PSA gehen. So ist es möglich, dass antistatische PSA ihre Ableitfähigkeit verliert, flammenhemmende Imprägnierungen entfernt werden oder sich Reflexstreifen lösen.
Fehler 3: Vernachlässigen der Kontrollen und Instandhaltung der PSA
Die meisten PSA-Produkte sollten mindestens einmal jährlich durch eine sachkundige Fachkraft überprüft werden. Je nach Nutzungsintensität und Herstellerangaben variieren Kontrollintervalle für PSA und können auch deutlich kürzer ausfallen.
Entscheidend ist meist die gemäß PSA-Verordnung angegebene Kategorie, in die einzelne Bestandteile der PSA eingeteilt werden. Sie verdeutlicht zugleich die Gefahrenklassifikation eines Produkts. Die Kategorien reichen dabei von I bis III. Speziell bei PSA der höchsten Kategorie, die vor einer tödlichen Gefährdung bewahren sollen, ist eine besonders gründliche Prüfung mit regelmäßigen Wartungsintervallen ein Muss. Unter diese Kategorie fällt in erster Linie Schutz-Equipment in den Bereichen Absturzsicherung, Atemschutz oder Chemikalienschutz.
Doch nicht nur Arbeitgeber oder PSA-Beauftragte stehen hier in der Pflicht. Auch für Beschäftigte sieht die Verordnung vor, dass diese vor jeder Benutzung von PSA eine Sicht- und Funktionsprüfung durchführen und festgestellte Mängel unverzüglich an die Verantwortlichen im Unternehmen melden. Generell sollte PSA spätestens nach einer Reinigungsprozedur kritisch geprüft werden. Für viele PSA-Komponenten geben Hersteller zuverlässige Angaben zur Nutzungsdauer und sachgerechten Lagerung an.
Fehler 4: keine individuelle Abstimmung der PSA
Während es bei Freizeitkleidung manchmal nicht auf eine Größe mehr oder weniger ankommt, muss die PSA nach § 2 PSA-BV genau auf den Beschäftigten oder die Beschäftigte angepasst sein. Der Spitzenverband Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) konkretisiert dies durch die Regel 112-189 „Benutzung von Schutzkleidung“:
„Schutzkleidung ist eine persönliche Schutzausrüstung, die den Rumpf, die Arme und die Beine vor schädigenden Einwirkungen bei der Arbeit schützen soll.“
Zu kurze oder nicht auf weitere PSA-Komponenten abgestimmte Schutzkleidung ist nicht zulässig. Darüber hinaus muss die PSA entsprechend „der ergonomischen Anforderungen und der gesundheitlichen Erfordernisse des oder der Nutzenden angepasst werden“. Bei Schuhen gilt es etwa auf orthopädische Fußkorrekturen einer Person zu achten. Zugleich müssen mögliche Allergien von Beschäftigten bei der Auswahl von PSA einkalkuliert werden.
Interessant … Eine 2020 durchgeführte Umfrage des Marktforschungsunternehmens net-request unter 400 deutschen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zwischen 20 und 60 Jahren ergab, dass 68 Prozent der branchenübergreifend Befragten bei der Sicherheit am Arbeitsplatz Kompromisse eingehen. 44 Prozent verzichten darüber hinaus regelmäßig auf Teile ihrer Schutzausrüstung.
Fehler 5: eine PSA, mehrere Träger:innen
Zumindest rechtlich ist die Lage eindeutig. Laut § 2 Absatz 2 der PSA-BV ist PSA grundsätzlich für den Gebrauch durch eine Person vorgesehen. Machen spezielle Umstände eine Benutzung durch verschiedene Beschäftigte nötig, hat der Arbeitgeber dafür zu sorgen, dass hygienische Mängel oder Gesundheitsgefahren nicht auftreten bzw. ausgeschlossen werden können.
Doch Vorsicht: Gewisse PSA-Bestandteile wie beispielsweise Sicherheitsgurte müssen auf die jeweilige Person unbedingt in Sachen Größe und Passform abgestimmt sein oder sich individuell einstellen lassen.
Fehler 6: keine oder lückenhafte PSA-Unterweisung
An einer gut organisierten und rechtssicheren Sicherheitsunterweisung zum Thema PSA führt für Arbeitgeber oder PSA-Verantwortliche auf rechtlicher Basis (siehe § 12 ArbSchG; § 4 DGUV Vorschrift 1; § 3 PSA-BV) kein Weg vorbei. Unterweisungen erfolgen dabei in der Regel auf Grundlage von Herstellerinformationen.
Um keine wesentlichen Aspekte oder Inhalte zu vergessen, ist ein schriftlicher Ablaufplan hilfreich. Darin legen Sie im Wesentlichen folgende Aspekte fest:
- Verantwortliche Personen (Teilnehmende und Fachkräfte für Arbeitssicherheit)
- Schulungstermine (Planung und laufende Anpassung auf innerbetriebliche Veränderungen der Arbeitsbedingungen)
- Unterweisungsinhalte (Betriebsanweisung als Leitfaden)
- Dokumentation (Schulungstermine, Materialien, Teilnehmerlisten)
Fehler 7: Vernachlässigen von Arbeitnehmer-Pflichten
Wie bereits bei „Fehler 3“ angedeutet, sind Beschäftigte trotz laufender PSA-Kontrollen und lückenloser Unterweisungen stets dazu angehalten, ihre PSA vor jeder Benutzung einer Sicht- und Funktionsprüfung zu unterziehen. Nur so lassen sich Schäden und Fehler sofort identifizieren und können umgehend an Vorgesetzte gemeldet werden.
Ob Risse in Schutzhelmen sowie bei Schutzbrillen oder defekte Polster in Gehörschutzkapseln – der proaktive Austausch zwischen PSA-Verantwortlichen und -Trägern sowie -Trägerinnen reduziert Gefahrenquellen auf ein Minimum. Kurze Meldewege sind bei PSA-Mängeln das A und O.
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