Elektrostatische Aufladung und deren unkontrollierte Entladung kann verheerende Auswirkungen für den Menschen haben – das haben wir in einem vorangegangenen Beitrag bereits ausführlich beleuchtet. Jetzt wollen wir herausfinden, was Schutzbekleidung tatsächlich ableitfähig macht, wie das geprüft werden kann und was uvex Ihnen in diesem Bereich anbietet.
In der Vergangenheit wurde im ESD-Bereich überwiegend Bekleidung aus 100 Prozent Baumwolle eingesetzt. Diese hat wie alle natürlichen Fasern den Vorteil, dass sie auch ohne zusätzliche Ausrüstung nur sehr gering antistatisch aufladbar ist. Jedoch spielt hier die Luftfeuchtigkeit eine wesentliche Rolle: Das Naturmaterial ist von sich aus hygroskopisch – bindet also Feuchtigkeit aus der Luft –, was die Ableitfähigkeit in einer Umgebung mit hoher Luftfeuchtigkeit begünstigt. Ist die Luft jedoch eher trocken, fehlt dem Baumwoll-Kleidungsstück die Feuchtigkeit in der Faser; es verliert seine natürliche Ableitfähigkeit und kann sich gefährlich aufladen. Baumwolle birgt außerdem die Gefahr, dass sich ihre Stapelfasern herauslösen. Aufgrund unterschiedlicher Ladungen haften diese Fasern dann an den Bauteilen und führen ebenfalls zu Problemen. Durch den Einsatz von langen, hochwertigen Stapelfasern wird diesem Problem entgegengewirkt.
Fasern für Antistatik- beziehungsweise ESD-Anwendungen
Chemiefasern, wie zum Beispiel Polyester, sind hingegen Endlosfasern, wodurch eine Kontamination durch lose Fasern stark reduziert wird. Ein Nachteil ist hingegen die Eigenschaft sich durch Reibung sehr stark aufzuladen, da sie im Gegensatz zur Baumwolle nicht hygroskopisch ist. Um diese Aufladung zu begrenzen und der Antistatik- wie auch der ESD-Norm gerecht zu werden, müssen dem Kleidungsstück zusätzliche Fasern oder Garne hinzugefügt werden. Es kommen Fasen und Garne zum Einsatz wie etwa das leitfähige Resistat® (synthetischer Kern mit Carbon-Ummantelung) oder das ableitfähige Nega-Stat® (Carbon-Kern mit Polyester-Ummantelung). Das Hinzufügen dieser Fasern/Garne ist heutzutage ein Standard, der auch bei Mischgewebe und Gewebe aus 100 Prozent Baumwolle zum Einsatz kommt.
1) Systematische Darstellung des Nega-Stat®-Garns
Der Einsatz von Carbon minimiert den Widerstand und begünstigt so das kontrollierte Abfließen von Ladung. Im ESD-Bereich muss aufgrund festgelegter Prüfverfahren die (ab)leitfähige Faser an der Außenseite liegen. Daher wird bei unseren ESD-Hemden zum Beispiel Resistat® eingesetzt. Hinzu kommt, dass das Garn bei Webwaren als Gitter (Maximalabstand von 5 x 5 mm² je Quadrat) angeordnet sein muss, um den geforderten Ladungsabbau zu ermöglichen. Bei Strick- und Wirkwaren muss das Garn aufgrund der Konstruktion entsprechend in die Maschenbindung integriert werden. Zusätzlich wird hierbei (ab)leitfähiges Garn für die Schließnähte verwendet.
Einsatz (ab)leitfähigen Garns für den ESD-Bereich:
Für Antistatik ist es hingegen nicht von Bedeutung, ob der Kern oder der Mantel (ab)leitfähig ist. Um die Antistatik-Norm EN 1149-3 (Ladungsabbau) zu erfüllen, muss auch hier ein Gitter (kleiner als 10 x 10 mm²) oder parallel angeordnete Garne (Abstand kleiner als 10 cm) an der Oberfläche verlaufen.
Strick-und Wirkwaren (ESD)
Webware (ESD)
Gittermuster mit Carbonfaser
Welche weiteren Anforderungen gibt es?
Bei der Wahl der (ab)leitfähigen Zusatzkomponenten muss das Anwendungsgebiet im Auge behalten werden. Im ESD-Bereich ist es zum Beispiel sehr wichtig darauf zu achten, dass optimale Hautverträglichkeit gegeben ist, da beispielsweise ESD-T-Shirts direkt auf der Haut getragen werden.
Nur in Ausnahmefällen ist der Schutz durch die EN 1149 die einzige Anforderung, die an die Bekleidung gestellt wird: Antistatik-Schutz wird zum Beispiel sehr häufig bei Chemikalienschutzbekleidung benötigt – denn im Umgang mit Chemikalien sind Umgebungen mit sensiblen Luft-Gas-Gemischen keine Seltenheit. Weitere Einsatzgebiete können beispielsweise die Holz- oder Metallverarbeitung sein: Wird in Umgebungen mit Luft-Staub-Gemischen beispielsweise geschweißt, muss die getragene Schutzbekleidung neben der Antistatik-Norm, auch den Normen hinsichtlich Hitze- Flammschutz und Schweißerschutz entsprechen.
ESD=Antistatik? Ein Blick auf die Prüfkriterien.
Häufig wird die Frage gestellt, ob ESD-Kleidung auch im Antistatik-Bereich eingesetzt werden kann und umgekehrt. Leider ist ein Vergleich hinsichtlich der elektrostatischen Eigenschaften von ESD- und Antistatik-Kleidung nicht so übersichtlich wie beispielsweise beim Sicherheitsschuh. Beim Schuh zählt der in der Norm vorgegebene Durchgangswiderstand, wodurch die Werte gut nachvollziehbar miteinander verglichen werden können. Ein derart direkter Vergleich über die Prüfanforderungen ist bei Bekleidung leider nicht möglich. Innerhalb der Antistatik-Norm gibt es abhängig von Material und eventueller Ausrüstung drei Prüfkriterien, von denen für eine Zertifizierung aber nur eines erfüllt werden muss:
- EN 1149-1 Oberflächenwiderstand < 2,5 x 109 Ohm
- EN 1149-2 Durchgangswiderstand
- EN 1149-3 50 % Ladungsabbau in weniger als 4 Sekunden oder Abschirmfaktor S > 0,2
EN 1149-5 gibt darüber hinaus Auskunft über die jeweiligen Prüfparameter von EN 1149-1, EN 1149-2 und EN 1149-3.
Die ESD-Norm hingegen verwendet zwei Prüfkriterien, die beide bestanden werden müssen:
- Punkt-zu-Punkt-Widerstand (< 1011 Ohm)
- Ladungsabbau (von 1.000 Volt auf 100 Volt in weniger als 2 Sekunden)
ANTISTATIK (EN 1149-1; EN 1149-2; EN 1149-3; EN 1149-5)
ESD EN 61340-5-1 (EN 61340-5-2)
Material
Grundgewebe, das mit speziellen Fasern oder Garnen veredelt wird (zur Erhöhung der Ableitfähigkeit)
synthetische Faser mit hygroskopischer Eigenschaft (Feuchtigkeit aus der Luft binden)
Polyestermischgewebe mit zusätzlichen speziellen Fasern oder Garnen (z.B. Carbon für verbesserte elektrostatische Leitfähigkeit)
Leitfähige Fasern
leitfähiger Mantel (werden immer eingesetzt)
leitfähiger Mantel oder Kern
Vor der Prüfung
5 Waschzyklen
Neuzustand
Prüfung
eines der drei Prüfverfahren:
- 1149-1 Oberflächenwiderstand (a) Faden mit leitfähigen Mantel b) Oberware mit entsprechender Ausrüstung z.B. bei der Einweg-Schutzbekleidung im Einsatz) < 2,5 x 10 9 Ohm
- 1149-2 Durchgangswiderstand
- 1149-3 Ladungsabbau (mit oberflächigen leitfähigem Kern oder Mantel) 50% < 4 Sek. oder Abschirmfaktor S > 0,2
Punkt-zu-Punkt-Widerstand (<10 11 Ohm)
und
Ladungsabbau (von 1.000 auf 100 V (10 %) in < 2 Sek.)
Leistungsanforderungen:
1149-5 Prüfparameter für 1, 2 und 3
laut Norm muss nur eine Materialprobe geprüft werden (uvex prüft zur Sicherheit jedoch in Zusammenarbeit mit dem Sächsischen Textilforschungsinstitut Stfi immer das komplette Bekleidungssystem)
es wird das gesamte Kleidungsteil geprüft
Was die beiden Normen gemeinsam haben, ist die Prüfung des Ladungsabbaus – jedoch sind die Anforderungen der ESD-Norm deutlich höher als die der Antistatik-Norm. Die Prüfungsvoraussetzungen sind ebenfalls sehr unterschiedlich: Im Rahmen der Antistatik-Norm muss aktuell lediglich der Oberstoff geprüft werden, wohingegen bei der ESD-Zertifizierung das gesamte Bekleidungsstück geprüft und bewertet wird. Da aus unserer Sicht die Prüfung des gesamten Kleidungsstücks viele Vorteile mit sich bringt, wird persönliche Schutzausrüstung von uvex immer als gesamtes Kleidungsstück getestet. So werden auch die Nähte und andere Übergänge, die häufig eine Schwachstelle darstellen, mit in Betracht gezogen.
Nachdem wir im ersten Beitrag die grundlegenden Unterschiede in Bezug auf das Schutzlevel der beiden Normen kennengelernt haben – und somit die Antistatik-Norm als PSA zum Schutz des Menschen und ESD als Schutz eines Objekts vor sehr geringen Ladungen verstehen –, sind wir im zweiten Teil mehr ins Detail gegangen. Generell kann ein Gitter/Linien im Geweben ein erstes Indiz für den Einsatz eines (ab)leitfähigen Garns sein. Durch einen Blick in das Innere des Bekleidungsteils kann die entsprechende Norm im Etikett schnell geprüft werden. Zudem ist fast jedes PSA-Bekleidungsteil von uvex an der Außenseite mit den entsprechenden Piktogrammen ausgestattet.
Beispiel für Piktogramme an der uvex heat shell
Neben dem Material haben wir auch die Prüfkriterien der beiden Normen im Vergleich erklärt. Diese Kriterien weisen auf den ersten Blick Parallelen auf, sind aber nicht direkt zu vergleichen. Daher müssen Sie bei der Wahl der richtigen Bekleidung immer den Arbeitsplatz und die mit ihm verbundenen Tätigkeit beachten – getreu unserem Leitmotiv: „protecting people“.
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Wie Sie bereits anführen, gibt es Bereiche in denen man bei der Wahl der Berufsbekleidung auch unbedingt auf die elektrostatische Aufladung dieser achten sollte. Herausragende Fasern können hierbei ein Problem darstellen. Ich denke, dass auf die Berufsbekleidung hinsichtlich der Aufladung und eventuell gefährlichen Entladung geachtet werden sollte. Vielen Dank.