Ein paar offensichtliche Auswirkungen elektrostatischer Aufladungen kennt jeder: Zu Berge stehende Haare sind in der Nähe von Plastikrutschen oder Luftballons keine Seltenheit – gleiches gilt für den gelegentlichen elektrischen Schlag beim Schließen von Autotüren. Weniger harmlos hingegen sind derartige Auf- und Entladungen, wenn elektronische Bauteile im Spiel sind oder wir uns in einem explosionsgefährdeten Bereich in der Industrie befinden. Eine neue Norm für Schutzhandschuhe regelt jetzt diesbezügliche Grenzwerte und Prüfbedingungen.
Für persönliche Schutzausrüstung gibt es eine Menge Vorschriften, Regeln und Normen. Soll ein Handschuh etwa vor mechanischen Risiken schützen, so sind die Kriterien für eine entsprechende Zertifizierung in der Industrienorm DIN EN 388:2003 festgehalten. Geht es um chemische Risiken, so greift die Norm DIN EN 374:2003. Zum Thema Elektrostatik oder Brand- und Explosionsgefahr gab es in der Vergangenheit keine verbindliche Norm. Die Technische Regel für Betriebssicherheit TRBS 2153 gibt zwar vor, dass in explosionsgefährdeten Bereichen der Zonen 0, 1, 20 und 21 der Durchgangswiderstand eines Handschuhs kleiner als 100 Megaohm (108 Ω) sein müsse, beinhaltet aber keine Beschreibung von entsprechenden Prüfverfahren und -kriterien. Seit dem ersten Juli 2014 gibt es nun endlich die Norm DIN EN 16350:2014, die die elektrostatischen Eigenschaften für Schutzhandschuhe behandelt.
Was beinhaltet die Norm?
In der DIN EN 16350:2014 sind Prüfbedingungen und Mindestanforderungen für die elektrostatischen Eigenschaften von Schutzhandschuhen wie folgt festgelegt:
- Der Durchgangswiderstand muss kleiner 100 Megaohm sein (Rv < 1,0 x 108 Ω).
- Geprüft wird der Durchgangswiderstand Rv nach DIN EN 1149-2:1997.
- Die Prüfatmosphäre zur Bestimmung des Durchgangswiderstands muss sich zusammensetzen aus einer Lufttemperatur von 23 ± 1 °C und einer relativen Luftfeuchte von 25 ± 5 %.
- Es werden fünf Proben gemessen und jeder einzelne Messwert muss den Grenzwert einhalten.
Wie steht es mit ESD-Anforderungen?
Tatsache ist: Es gibt derzeit keine ESD-Norm und damit auch keine zulässige ESD-Kennzeichnung für Schutzhandschuhe, so wie man sie zum Beispiel aus dem Kleidungs- oder Schuhbereich kennt. Dort greift die Norm DIN EN 61340-5-1, die aber NICHT auf Schutzhandschuhe anwendbar ist – auch wenn man im Handel das ein oder andere ESD-Siegel auf Handschuhen finden kann. Nichtsdestotrotz können Handschuhe, die nach der neuen Elektrostatik-Norm geprüft und zertifiziert wurden, bedenkenlos in Bereichen verwendet werden, die ESD-Produktschutz erfordern.
Worin unterscheiden sich die elektrostatischen Normen DIN EN 16350, DIN EN 1149-1 und DIN EN 61340-5-1 im Einzelnen?
Schutzhandschuhe
Schutzkleidung
ESD-Schutzausrüstung
Norm:
DIN EN 16350
DIN EN 1149-1
DIN EN 61340-5-1
Name:
Schutzhandschuhe – elektrostatische Eigenschaften
Schutzkleidung –elektrostatische Eigenschaften Teil 1: Prüfverfahren für die Messung des Oberflächenwiderstandes
Elektrostatik Teil 5-1: Schutz von elektronischen Bauelementen gegen elektrostatische Phänomene
Gültigkeit:
Arbeitsschutz
Arbeitsschutz
Produktschutz
Gemessene Größe:
Durchgangswiderstand
Oberflächenwiderstand
abhängig von der Probe (z. B. Durchgangswiderstand für Schuhe, Oberflächenwiderstand für Kleidung)
Grenzwert:
R < 1,0 x 108 Ω
R < 5,0 x 1010 Ω
verschiedene Anforderungen:
z. B. Schuhwerk:
7,5 x 105 Ω < R < 3,5 x 107 Ω
z. B. Kleidung:
R < 1,0 x 109 Ω
Prüfatmosphäre:
Lufttemperatur: 23 ± 1 °C; relative Luftfeuchte: 25 ± 5 %
Lufttemperatur: 23 ± 1 °C; relative Luftfeuchte: 25 ± 5 %
unterschiedlich, je nach Probe (Schuhe, Kleidung, Böden, Arbeitsflächen etc.)
Messungen:
5 Proben; jede muss den Grenzwert einhalten
5 Proben; geometrischer Mittelwert muss den Grenzwert einhalten
unterschiedlich, je nach Probe (Schuhe, Kleidung, Böden, Arbeitsflächen etc.)
Kennzeichnung/
Piktogramm:
keine Kennzeichnung
Kennzeichnung mit Piktogramm
Kennzeichnung mit ESD-PiktogrammVorsicht: Gilt nicht für Schutzhandschuhe!
Welche Anwendungsbereiche kommen für zertifizierte Schutzhandschuhe in Frage?
Einsatzgebiete für Handschuhe, die nach DIN EN 16350:2014 geprüft wurden, können unter anderem explosionsgefährdete Bereiche wie zum Beispiel Raffinerien sein. Durch die hohe Leitfähigkeit der Handschuhe kann dort eine elektrostatische Aufladung beim Träger effektiv vermieden werden, sofern die entsprechende Erdungskette – bestehend aus Handschuh, Schutzkleidung, Schuh und Boden – gewährleistet ist.
Negative Auswirkungen hat eine ungewollte elektrostatische Entladung auch bei der Herstellung und Montage von empfindlichen Produkten wie etwa Elektronik-Bauteile, die durch eine solche Entladung nachhaltig beschädigt oder sogar zerstört werden können. Auch für diesen Einsatzbereich eignen sich Schutzhandschuhe, die nach DIN EN 16350:2014 geprüft sind.
Gibt es zertifizierte Handschuhe auch von uvex?
Mit dem eigens entwickelten uvex unipur carbon reagiert uvex auf die neue Schutznorm bezüglich elektrostatischer Eigenschaften. Der Schutzhandschuh für den leichten Arbeitseinsatz erfüllt alle in der Norm vorgeschriebenen Grenzwerte und Bestimmungen – bei gleichzeitig hervorragendem Tastgefühl und Klimakomfort. In den nächsten Wochen wird auch noch der ableitfähige Chemikalienschutzhandschuh uvex rubiflex ESD folgen, welcher sich derzeit im Prozess der Zertifizierung befindet. Der uvex rubiflex ESD ist optimal geeignet für Lackierereien, die Farb- und Druckindustrie sowie für die Öl- und Chemieindustrie.
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Es ist bedauerlich, dass es – aus welchen Gründen auch immer – keine eigene ESD-Norm oder eine entsprechende Kennzeichnung für Schutzhandschuhe gibt. Es wäre doch deutlich einfacher und übersichtlicher, wenn die gleichen Normen, die bei der übrigen Schutzkleidung greifen, auch für die Handschuhe anwendbar wären. Umso löblicher ist es, dass Sie die DIN EN 16350 zusammenfassen und ihren Inhalt erklären. Gut, dass Sie darauf hinweisen, dass das ESD-Siegel im Handel nichts auf den Schutzhandschuhen zu suchen hat! Meist werden die Handschuhe, die es tragen, den Anforderungen wohl genügen, aber es ist doch ermüdend, grundsätzlich erst selbst nachzuprüfen zu müssen, ob sie der Elektrostatik-Norm entsprechen.