Für den Vertrieb von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) wie Sicherheitsschuhe, Schutzhandschuhe und viele weitere Schutzkleidung innerhalb der Europäischen Union, gilt es eine Reihe von Verordnungen und Richtlinien zu erfüllen. In diesem Blogbeitrag gehen wir vorranging auf die rechtlichen Vorgaben für den Vertrieb von PSA der Kategorie Sicherheitsschuhe genauer ein.
Die PSA-Verordnung EU 2016/425
Die Europäischen Normen für Sicherheitsschuhe wurden auf Basis der ersten EU-Richtlinie 89/686/EWG für den Vertrieb persönlicher Schutzausrüstung in den Ländern der EU entwickelt und veröffentlicht. Auf Länderebene wurde diese Richtlinie in zahlreichen, landesspezifischen Gesetzen in Nationales Recht umgesetzt. In Deutschland betraf das insbesondere das Arbeitsschutzgesetz (ArbSG) und das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) sowie eine Reihe weiterer Gesetze und Verordnungen.
1989 wurde die EU-Richtlinie 89/686/EWG verabschiedet, um in allen Staaten der EU einheitliche Vorgaben zu haben. Ziel war es, einen europäischen Binnenmarkt für persönliche Schutzausrüstung (PSA) zu schaffen.
Zum ersten Mal ersetzt wurde die Richtlinie im Jahre 2016 durch die PSA-Verordnung EU 2016/425, die nach einer Übergangszeit seit April 2018 gilt. Das Ziel der Überarbeitung war ein besserer Schutz der Nutzer von PSA und eine Neuordnung der Konformitätsbewertungsverfahren. Diese Verordnung gilt unmittelbar in allen Ländern der EU und muss nicht erst in nationales Recht umgewandelt werden.
Die Europäischen Normen wurden durch die Veröffentlichung im Europäischen Amtsblatt harmonisiert und daraufhin von den nationalen Normengremien mit identischem Inhalt publiziert. Nationale Normen, die dem Gedanken des Europäischen Binnenmarktes entgegenstanden, wurden im gleichen Zug zurückgezogen.
Die drei Kategorien der PSA
Das Europäische Recht unterscheidet bei persönlicher Schutzausrüstung drei Kategorien:
- Kategorie 1: Geringfügige Risiken am Arbeitsplatz
- Kategorie 2: Übliche Schutzkleidung für die industrielle Nutzung
- Kategorie 3: Schutz vor tödlichen Gefahren und irreversiblen Schäden
Kategorie 1
Zur Kategorie 1 gehören einfache PSA-Typen, bei welchen der Nutzer selbst die Wirksamkeit gegenüber geringfügigen Risiken beurteilen kann. Hierzu zählen beispielsweise Schutzhandschuhe für einfache Gartenarbeiten.
Kategorie 2
Zur Kategorie 2 gehören alle PSA-Produkte, die weder zur Kategorie 1 oder 3 gehören. So zählen auch übliche Sicherheitsschuhe mit den Schutzklassen S1, S1 P, S2, S3, S4 und S5 zu dieser Kategorie. Welche besonderen Verordnungen und Richtlinien für PSA Sicherheitsschuhe gelten, erläutern wir im nächsten Absatz.
Kategorie 3
PSA der Kategorie 3 sollen gegen tödliche Gefahren und irreversible Schäden schützen. Dazu gehören etwa Atemschutzgeräte mit Filter oder Fallschutz.
Rechtliche Vorgaben für die Kategorie Sicherheitsschuhe
Sicherheitsschuhe müssen vor dem Inverkehrbringen einer Baumusterprüfung (Zertifizierung) unterzogen werden. Die Baumusterprüfung für Sicherheitsschuhe findet in einem akkreditierten Prüflabor statt. Diese notifizierten Stellen werden von den Mitgliedsländern der EU benannt und regelmäßig auf ihre Eignung und Ausstattung geprüft, um weiterhin die Baumusterprüfung durchführen zu dürfen.
Um die PSA Sicherheitsschuhe in allen Ländern der europäischen Union vertreiben zu dürfen, benötigen die Hersteller eine auf der Baumusterprüfbescheinigung basierende Konformitätserklärung. Die Baumusterprüfbescheinigung wird erteilt, wenn der geprüfte Sicherheitsschuh den Anforderungen einer harmonisierten Norm entspricht. Denn dann gilt eine Konformitätsvermutung für die Erfüllung der Anforderungen der EU-Verordnung. Nur mit der Baumusterprüfbescheinigung und der Konformitätserklärung darf der Hersteller sein Produkt innerhalb der EU vertreiben.
Es gibt u.a. folgende harmonisierte Normen für PSA Schuhe:
- EN ISO 20345:2011: PSA-Sicherheitsschuhe
- EN ISO 20346:2014: PSA-Schutzschuhe
- EN ISO 20347:2012: PSA-Berufsschuhe
- EN ISO 20349-1:2017: PSA Schuhe: Anforderungen und Prüfverfahren zum Schutz gegen Risiken in Gießereien
- EN ISO 20349-2:2017: PSA Schuhe: Anforderungen und Prüfverfahren zum Schutz gegen Risiken beim Schweißen und verwandten Verfahren
Kennzeichnung Sicherheitsschuhe
Jedes Paar PSA Schuhe muss nach den geltenden Regeln gekennzeichnet und mit einer Benutzerinformation ausgeliefert werden. Die Kennzeichnung von Sicherheitsschuhen setzt sich wie folgt zusammen:
In der Benutzerinformation der PSA Sicherheitsschuhe sind die Kennzeichnungen, Benutzungsausschlüsse etc. beschrieben. Generell wird für Sicherheitsschuhe zwischen Grund- und Zusatzanforderungen unterschieden.
Grundanforderungen sind für alle Sicherheitsschuhe obligatorisch und umfassen insbesondere qualitative Vorgaben für die verwendeten Materialien wie Zehenschutzkappen, das Design und die Produktionstechnik.
Eine weitere Anforderung betrifft die rutschhemmenden Eigenschaften der PSA Sicherheitsschuhe. Hierbei müssen auf vorgegebene Kombinationen von Bodenbelägen und Gleitmitteln Mindestanforderungen an Reibungskoeffizienten erfüllt werden. Die Kennzeichnung erfolgt je nach Bodenbelag mit SRA, SRB oder SRC.
SRA Kennzeichnung
Hier wird die Rutschhemmung auf einem Boden aus Keramikfliesen mit Natriumlaurylsulfatlösung NaLS getestet. Geprüft werden dabei das Vorwärtsgleiten der Ferse, dessen Reibungskoeffizient nicht weniger als 0,28 sein darf und ebenes Vorwärtsgleiten, bei dem der Reibungskoeffizient nicht weniger als 0,32 sein darf.
SRB Kennzeichnung
Hier wird die Rutschhemmung auf einem Stahlboden mit Glycerin getestet. Geprüft werden dabei ebenfalls das Vorwärtsgleiten der Ferse, wobei der Wert nicht weniger als 0,13 sein darf und das ebene Vorwärtsgleiten, bei dem der Wert nicht geringer als 0,18 sein darf.
SRC Kennzeichnung
Hier wird die Rutschhemmung auf einem Boden aus Keramikfliesen mit Natriumlaurylsulfatlösung und zusätzlich auf einem Stahlboden mit Glycerin getestet. Auch bei diesem Test gelten die Prüfbedingungen von SRA und SRB: Vorwärtsgleiten der Ferse und ebenes Vorwärtsgleiten.
Wenn PSA Sicherheitsschuhe neben den Grundanforderungen zusätzliche Sicherheitsausstattungen benötigen, gilt es die Zusatzanforderungen zu erfüllen. Die Sicherheitsschuh-Norm definiert aktuell 13 verschiedene Zusatzanforderungen, die jeweils in der Kennzeichnung mit einem Symbol dargestellt werden:
Kennzeichnung | Beschreibung |
P | Durchtrittsicherheit |
C | Leitfähige Schuhe |
A | Antistatische Schuhe |
HI | Wärmeisolierung des Sohlenkomplexes |
CI | Kälteisolierung des Sohlenkomplexes |
E | Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich |
WR | Wasserdichtheit |
M | Mittelfußschutz |
AN | Knöchelschutz |
CR | Schnittfestigkeit |
WRU | Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme des Obermaterials |
HRO | Verhalten gegen Kontaktwärme |
FO | Kraftstoffbeständigkeit |
Da die Symbole in der Kennzeichnung am Schuh recht unübersichtlich werden können, beinhaltet die Norm sogenannte Kurzzeichen, hinter denen sich häufig verwendete Kombinationen von Zusatzanforderungen verbergen. Neben den mit SB abgekürzten Grundanforderungen sind dies die in der Umgangssprache als Schutzklassen für Sicherheitsschuhe S1, S2, S3, S4 und S5 bezeichneten Kurzzeichen mit den laut der nachfolgenden Tabelle zugeordneten Eigenschaften:
Für alle Schuhe
Kurzzeichen | Beschreibung |
SB | Grundanforderungen |
Für Schuhe aus Leder oder anderen Materialien
Kurzzeichen | Beschreibung |
S1 | Grundanforderungen+ geschlossener Fersenbereich+ antistatische Eigenschaften (A)+ Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich (E)+ Kraftstoffbeständigkeit (FO) |
S2 | wie S1, zuzüglich Wasserdurchtritt und Wasseraufnahme des Obermaterials |
S3 | wie S2, zuzüglich Durchtrittsicherheit (P) + Profilsohle |
Für Vollgummischuhe oder Gesamtpolymerschuhe
Kurzzeichen | Beschreibung |
S4 | Grundanforderungen+ geschlossener Fersenbereich+ antistatische Eigenschaften (A)+ Energieaufnahmevermögen im Fersenbereich (E)+ Kraftstoffbeständigkeit (FO) |
S5 | wie S4, zuzüglich Durchtrittsicherheit (P) + Profilsohle |
Für Hybridschuhe
Hybridschuhe sind Schuhe, die im unteren Bereich komplett aus einem Polymerwerkstoff hergestellt sind und darüber ein weiterer Werkstoff – z.B. Leder – das Schuhoberteil bildet
Kurzzeichen | Beschreibung |
SBH | Grundanforderungen |
Weitere Zusatzanforderungen, die in den Beschreibungen zu den Kurzzeichen nicht enthalten sind, werden in Ergänzung zum Kurzzeichen mit ihrem Symbol kenntlich gemacht. So wird etwa ein S1-Halbschuh, der zusätzlich durchtrittsicher ist, mit S1 P gekennzeichnet.
Sie möchten noch mehr über PSA Verordnungen & Co. lesen? Dann interessiert Sie sicherlich auch unser Blogbeitrag zum Thema „PSA Verordnung – Richtlinien & Sicherheitsbestimmungen“. Falls Sie noch weitere Fragen zum Thema Verordnungen und Richtlinien für den Vertrieb von PSA Sicherheitsschuhen und weiterer uvex Schutzkleidung haben, lassen Sie gerne Ihre Anmerkungen und Fragen in den Kommentaren da oder kontaktieren Sie uns direkt über unser Kontaktformular.
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Sehr geehrte Damen und Herren,
benötigt ein Sicherheitsschuh auch eine Material-Kennzeichnung?
Hallo Frau Kolarova-Fischer,
eine Materialkennzeichnung, wie sie im Sport- und Straßenschuhbereich vorgeschrieben ist, wird für Sicherheitsschuhe ersetzt durch die Kennzeichnung gemäß der harmonisierten Sicherheitsschuhnorm. Diese sieht aktuell keine Kennzeichnung für Materialien vor, was sich aber zumindest für durchtritthemmende Zwischensohlen im nächsten Jahr ändern wird.
Viele Grüße
Sarah von uvex safety